Minarett in den Rhodopen

Gepostet von am 29. September 2012

Minarett in den Rhodopen

Auf dem Gebiet der EU leben seit Jahrhunderten Muslime. Wir haben uns auf in die Rhodopen gemacht, um die ethnisch-religiöse Minderheit der Pomaken zu besuchen. Sie gelten als relativ zurückgezogen und medienscheu. Doch wir hatten Reporterglück und kamen mit einigen Dorfbewohnern ins Gespräch.

“Am besten ziehst du eine lange Hose an“, meint Vessela morgens zu Freya. Das sei wichtig, um den muslimischen Pomaken Respekt vor ihrer Religion zu zeigen. Wir stellen uns auf einen Besuch in einer anderen Welt ein. Pluderhosen und Kopftücher statt Jeans und offenen Haaren. Ein etwas mulmiges Gefühl: Werden die Dorfbewohner überhaupt mit uns reden?

Eine Reportage über das heutige Dorfleben in Gorno Drianowo könnt ihr hier hören:

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Vessela berichtet, dass die Pomaken sehr scheu seien. Auch sie ist überrascht, dass wir an diesem Tag so viel Glück haben. Frauen hätte sie in diesen Dörfern bisher nur aus der Ferne gesehen, gesprochen habe sie diese bisher nie. Sie wären abgeschirmt worden. Alte, traditionelle Rollenmuster würden vorherrschen. Davon bekommen wir an diesem Tag weniger mit. Das Dorf scheint sich geöffnet zu haben, vielleicht auch, weil inzwischen häufiger Touristen das Tal erkunden.

Der Ursprung der Pomaken ist ungeklärt. Sicher ist nur, dass sie zu Zeiten, als Bulgarien Teil des Osmanischen Reiches war, den Glauben wechselten. Typisch ist die Tracht der Frauen: bunte, blumengemusterte Pluderhosen und Kopftücher. So ziehen sich heutzutage vornehmlich ältere Frauen an, die jüngeren dagegen weniger.

Wir wagen uns vor nach Gorno Drianowo. Uns kommen einige Dorfbewohner mit voll bepackten Pferden entgegen. Die Erntezeit geht ihrem Ende entgegen, Holz für den Winter wird in den Bergen geschlagen und vor den Häusern aufgeschichtet. Es ist ein reges Dorfleben. Männer und Frauen grüßen sich beim Vorbeigehen, Kinder spielen auf der Straße. Wir versuchen unser Glück bei einer Frau, die am Straßenrand Holz hackt. Als Eisbrecher darf Matthias für sie Holz hacken. Zenep Aliltschewa spricht danach gerne mit uns, ist es doch Anlass, die Arbeit zu unterbrechen. Sie erzählt, dass kaum jemand noch von der traditionellen Landwirtschaft und vom Tabakanbau lebt. Die meisten würden auf dem Bau oder in der nahen Nähfabrik arbeiten.

Haeufiges Transportmittel

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Wir laufen weiter ins Dorfzentrum. Auf einer kleinen Mauer sitzen Rentnerinnen und plauschen miteinander. Wir sind beeindruckt von der Tracht: Selbstgenähte Pluderhosen, weiße Kniestrümpfe und die unvermeidliche blaue Kittelschürze. Eine von ihnen, Atie Pingowa, berichtet uns stolz, das eine Amerikanerin im Dorf lebe. Sie unterrichte Englisch an der Dorfschule. Sogleich wird sie hergeholt. Tracy Minard ist 24 Jahre alt und als Freiwillige des US-amerikanischen Friedenscorps seit knapp zwei Jahren in dem Dorf. Immer, wenn Ausländer ins Dorf kämen, würde sie herbeigerufen, um zu übersetzen. Tracy sagt, sie genieße das Dorfleben. Auch wenn einige Kulturunterschiede nicht zu überbrücken sein. Vor allem die Rolle der Frau sei schwierig. Sie würden teilweise bis heute mit 14 Jahren heiraten. Ehemänner würden sich oft als Patriarchen aufführen, Frauen würden geschlagen, genauso wie Lehrer Kinder in der Schule prügeln. Ein Umstand, der in Bulgarien sonst nicht normal ist.

Mit Tracy an der Hand erkunden wir weiter das Dorf und es ist einfacher, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Auf den Dorfhügel hat der 51-jährige Schukri Tscholakow inmitten seines gepflegten Gartens seine kleine Villa, wie er sie nennt, gebaut. Von dort aus genießen wir den Blick über das Dorf – ein echtes Idylle wie es auf den ersten Blick scheint. Doch was bei den Pomaken hinter verschlossenen Türen vorgeht, das konnten wir nicht erfahren.

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