Rumänischer Ackerboden ist begehrt: Das Klima verspricht stabile Ernten und der Boden ist billig. Ausländische Investoren haben sich große Flächen gesichert, vor allem seit dem EU-Beitritt können sie Boden zu günstigen Konditionen kaufen. 2014 soll der Bodenmarkt vollkommen liberalisiert werden. Die Angst vor dem Ausverkauf ist groß – auch im westrumänischen Banat. Von David, Goliath und ihrem gemeinsamen Gegner.
Die Klimaanlage arbeitet auf Hochtouren, während Thomas Blanke mit seinem Jeep einen holprigen Feldweg entlang fährt. „Das hier gehört alles zu uns“, sagt er und zeigt auf Sonnenblumenfelder, die bis zum Horizont reichen. Blanke biegt auf ein Feld ab, über dem sich eine große Staubwolke gebildet hat. Aus dem Rohr einer Erntemaschine prasseln Sonnenblumenkerne mit Hochdruck in den Hänger, 300 Tonnen schaffen sie an einem einzigen Tag.
Gute Preise – sichere Ernten
Blanke ist Qualitätsmanager der Agrarius AG, einem deutschen Investor aus Hessen. Er ist ein Mann der Zahlen und kennt die Betriebsgröße auf den Hektar genau: 245 Hektar besitzt die Firma in Rumänien, allein im Banat hat sie 2600 Hektar gepachtet, die sie bewirtschaftet. Nirgendwo sonst in der EU ist der Anteil ausländischer Investoren so hoch wie in Rumänien: 8,5 Prozent. Die Standortvorteile sprechen für sich: Niedrigere Löhne, günstiges Klima, gute Bodenqualität, Rechtssicherheit, EU-Subventionen, stabile Erträge. Zwar ist der Bodenpreis seit dem EU-Beitritt gestiegen, aber im Vergleich zu Deutschland ist er immer noch um gut ein Zehnfaches günstiger. Dass die Investoren mehr werden, bekommen auch rumänische Kleinbauern zu spüren wie Dan.
Ungleiche Kräfte
Dan ist 30 Jahre alt, Landwirtschaft ist bei ihm Familientradition. Von seinem Vater hat er 80 Hektar übernommen, die er bewirtschaftet. 80 Hektar, so viel wie die Maschinen der Agrarius an einem Tag abernten können. Er kann sich moderne Traktoren wie die der Agrarius nicht leisten, er fährt zwei alte und einen aus zweiter Hand. „50 Jahre ist Rumänien hinterher“, denkt Blanke. Gerne würde auch Dan mehr Land kaufen, doch dafür fehlt ihm das Geld. „Die Investoren haben hundertmal mehr Power als ich“, sagt er. 2000 Euro pro Hektar Land kann er sich nicht leisten, ein Investor schon.
„Der Kampf ums Land ist härter geworden“
Blanke zeigt auf einen kleinen Ackerstreifen. Dieses Stück Land wäre früher nicht bewirtschaftet worden: jetzt sind darauf abgeerntete Stümpfe zu sehen. Die EU zahlt Bauern 130 bis 150 Euro pro Hektar, sogenannte Flächenbeihilfe. „Da lohnt es sich, jede Fläche zu bewirtschaften“, sagt Blanke. Das Gefälle zwischen den Playern im Agrarsektor ist groß. Aber dass die rumänischen Kleinbauern nicht mithalten können, hat für Blanke ganz andere Gründe.
Mangelnde Ausbildung als Problem
„Als Bauer muss man rechnen können. Die schlechte Ausbildung der Landwirte ist das größte Problem, es fehlen einfach die wirtschaftlichen Grundkenntnisse“, erklärt Blanke. Die Hochschulabsolventen wüssten dagegen nicht einmal, wie man einen Traktor fährt. Dem stimmt Dan zu, auch er hat die Landwirtschaft studiert. „Viel zu wenig Praxis“, sagt er. „Aber natürlich kann ich rechnen, schließlich habe ich auch noch Wirtschaft studiert!“. Für ihn kommt es nicht infrage, Land zu verkaufen, auch wenn die Familie von der Landwirtschaft allein nicht leben kann. „Wir Rumänen verkaufen unser ganzes Land, warum machen wir es nicht selbst?“ Es gäbe genug gute Bauern, die wissen wie es geht. Die Probleme sieht er an ganz anderen Stellen.
Förderdschungel zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Um junge Landwirte wie Dan zu unterstützten hat die EU 270 Millionen Euro bereitgestellt, eine Maßnahme der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik. „Eine gute Idee“, findet Dan, nur bei der Verteilung durch die rumänischen Behörden gäbe es große Probleme: Willkür, Vetternwirtschaft, nicht genug Information und zu viel Bürokratie. Im ersten Jahr fehlte ihm ein Schein, die Förderung war verloren, obwohl er von Pontius zu Pilatus gelaufen war. Im zweiten Jahr klappte es dann: Eine einmalige Investitionszulage von 25.000 Euro. „Aber warum bekommt jemand, der sechs Monate später die gleiche Maßnahme beantragt, 40.000 Euro? Das ist nicht fair!“
Investitionen in die Region
„Bürokratische Hürden“, Blanke stöhnt bei diesem Wort. Er beschäftigt allein zwei Mitarbeiter, die sich nur um Bürokratie kümmern. Er betont, dass die Investitionen der Agrarius gut für die Region sind: „Wir zahlen hier Steuern und vernünftige Löhne“, sagt Thomas Blanke. Außerdem engagiere sich die Agrarius AG sozial, sponsort den Fußballverein, hilft dem Kindergarten. Deswegen sei die Akzeptanz in der Region auch gut, noch vor ein paar Jahren war das anders. „Schwarze Schafe unter Investoren gibt es immer. War die Ernte schlecht, bezahlten manche ihre Pacht nicht“, erzählt Blanke. Das könne sich heute niemand mehr erlauben. Deshalb kommt auch Dan zu dem Schluss: „Das große Problem sind nicht die Investoren, sondern die Politik, denen unser Schicksal völlig egal ist. Das Land wird zwischen den großen Playern aufgeteilt, egal ob sie aus dem Ausland oder aus Rumänien kommen. Eigentlich gibt es genug Platz für alle in Rumänien“.