Bulgarien ist EU-weit Schlusslicht in Sachen Medienfreiheit. Das bescheinigt die Organisation Reporter ohne Grenzen dem Balkanland in ihrem Ranking 2011. Journalisten seien bedroht worden, der Pluralismus der Medienlandschaft sei gefährdet. Die Lage zu verbessern ist das Ziel der bulgarischen Sektion der Vereinigung europäischer Journalisten (AEJ). Wir haben mit der Mitbegründerin Mariya Cheresheva gesprochen.
Die 24-jährige Mariya Cheresheva arbeitet für ein kleines privates Wirtschaftsmagazin in Sofia. Sie habe sich bewusst dafür entschieden. Sie fühlt sich dadurch frei in ihrer Arbeit. Anders sei das bei den großen Tageszeitungen und privaten Fernsehsendern. Viele Journalisten würden sich selbst zensieren, um den eigenen Arbeitsplatz nicht zu gefährden, meint die Mitbegründerin der bulgarische AEJ. Daher fehle es in Bulgarien auch an investigativem Journalismus. Habe mal jemand den Mut, etwas tiefer zu recherchieren, könne es zu Repressionen kommen wie im Fall von Spass Spassov. Der Journalist der Zeitung Dnevnik und der Wochenzeitung Capital aus Varna recherchierte zu einem groß angelegten Investitionsprojekt im Sea Park, der Uferpromenade in Varna. Indirekt bedroht hat ihn Marin Mitev, Miteigentümer einer der größten Holdings Bulgariens, die mit dem Sea Park zusammenhängt. Er schickte ihm das Kriegsstrategiebuch Sun Tsu „Kunst des Krieges“ mit der Notiz “You’d better avoid the ones who you cannot make friends with, neither you can conquer them”, die Mitev unterschrieben hatte.
Hier könnt ihr ein Interview mit Mariya Cheresheva sehen:
Offener Brief an EU-Kommissarin
Die Lage für investigativen, kritischen Journalismus habe sich seit dem EU-Beitritt sogar verschlechtert, schrieb die Organisation Reporter ohne Grenzen schon vor drei Jahren. In der EU wird die gefährdete Medienfreiheit mittlerweile wahrgenommen. Am 20.September traf sich die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, mit bulgarischen Journalisten, darunter auch die bulgarische AEJ. Diese hatten der EU-Medienbeauftragte Kroes zuvor einen offenen Brief geschickt. Kroes sagte in ihrer Rede, sie habe den offenen Brief gelesen und mit Ministerpräsident Bojko Borissov besprochen. Sie seien sich einig, dass es in Bulgarien zu wenig Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen von Medienkonzernen gebe. Denn gesetzlich sind Medienkonzerne in Bulgarien bisher nicht verpflichtet, ihre Eigentümerverhältnisse offenzulegen. Damit bleibt verborgen, welche Interessen hinter ihnen stehen.
Die EU scheint die Probleme erkannt zu haben. Im November will die Kommission einen EU-weiten Bericht über die Lage der Medien veröffentlichen.